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Reisebericht von Wolfgang aus Berlin (per Mail am 30.12.2000 an mich)


Hallo! Du Gerne Reisender!

In den siebziger Jahren (von 1973-77) habe ich vier Reisen nach Marokko gemacht, jeweils über drei Monate und immer wenn es in Deutschland bitterkalt war. Das heißt, ein Jahr meines Lebens habe ich in Nordafrika verbracht.

Es gibt keine Fotos von dieser meistens entspannten Zeit. Es gibt nur tiefe Erinnerungen. Die für mich wichtigen Orte sehe ich wie in Hochglanz gedruckt. Schlimme Erlebnisse erscheinen auf vergilbtem Schwarzweiß-Zeitungspapier mit bröselnden Rändern.

Zwei Frauen und zwei Männer,keine Pärchen, sondern langhaarige Hippies fuhren einen FORD Transit in Algeciras auf die Fähre nach Tanger. Schon die Reise durch Spanien, an der Küste entlang, war eine reine Freude, zumal es damals noch möglich war, billig zu essen. Auch Paella.

Im Rif hatten wir das Auto an einem kleinen Wasserfall geparkt, nahe an einer senkrechten Felswand. Nur kurze Zeit, denn schon bald kam ein Berber zu uns, um zu erklären, dass es ein schlechter Platz für eine Übernachtung ist: Steinschlaggefahr!

Also. Auto wegfahren, danach einen guten Minzetee trinken und natürlich auch etwas Haschisch rauchen. Dazu ein einfaches Essen, denn es war kein Feiertag: Cous-Cous mit Kichererbsenbrei.

Auf der Fahrt nach Fes verlor dann leider die Fahrerin die Kontrolle über das Fahrzeug. Mit Totalschaden knallten wir in die Berge rein. Es wurde uns geholfen und wir wurden bestohlen. Die Spiegelreflexkamera war weg, und ich lag im Hospital von Fes, anschließend.

Und weiter ging es nach zehn Tagen mit dem Zug nach Marrakech, nachdem mich die Gastfreundschaft in dem Krankenhaus auch noch länger verkraftet hätte. Ich war die Sensation, kein Patient mit Namen eingetragen, sondern einfach nur als Europäer. Ich wurde von Zimmer zu Zimmer durchgereicht: richtig Schwerkranke wollten mit dem Europäer Haschisch rauchen (ich wurde dazu eingeladen). Marrakech: eine tolle Stadt mit vielen nervenden Menschen.

Essaouira: ein Wahnsinnsstrand, lang und breit, und die Bevölkerung sehr zurückhaltend(und ein Kuchenbäcker, wie ich ihn mir hier in Berlin wünsche). Tarazoute: ein kleiner Fischerort, damals, ohne Strom und Kanalisation. Hippies von überall und Rentnerpärchen auch. Abends saßen alle zusammen am Strand, die einen rauchten Haschisch, die anderen tranken Wein (tunesischen) und schauten hinaus auf`s Meer, weil der Sonnenuntergang täglich etwas anderes war, zusammen mit den wechselnden Zeiten von Ebbe und Flut.

Zum Duschen fuhren wir einmal die Woche mit dem Bus nach Agadir. Wir saßen da und warteten, denn einen Fahrplan gab es nicht.

Ja,matias, ich könnte natürlich ein Buch schreiben, aber für`s erste soll es mal genug sein!

Komme gut in`s Jahr 2001!
Es grüßt dich
Wolgang xxx [Nachnamen habe ich gestrichen. M.H.] aus Berlin!